- Sowjetisierung Osteuropas
- Sowjetisierung OsteuropasDer Zweite Weltkrieg hatte das Staatensystem, das vor 1939 die sowjetische Einflusssphäre in Europa eingrenzte, zerschlagen. Die nach der Niederlage des Deutschen Reiches und seiner Verbündeten grundlegend veränderte Lage sowie den weitgehenden Zusammenbruch des französischen und britischen Einflusses in Osteuropa wusste die Sowjetführung zu nutzen, um dort die zuvor relativ schwachen nationalen kommunistischen Parteien an die Macht zu bringen und vielfältige Abhängigkeiten von der UdSSR zu schaffen. Da Stalin bis zur Konferenz von Jalta den Eindruck zu erwecken verstand, die mit dem sowjetischen Sicherheitsinteresse und den enormen Kriegsverlusten begründeten Forderungen nach Veränderungen in Europa entsprängen keinen expansiven Tendenzen der UdSSR, die zudem keine radikale Umgestaltung der politischen und sozioökonomischen Verhältnisse in ihrem Vorfeld anstrebe, akzeptierten die Westallierten die Erweiterung des sowjetischen Einflussbereichs.Die »Sowjetisierung« geschah unter dem Deckmantel der »Demokratisierung« der vor dem Krieg meist autoritär oder diktatorisch geführten osteuropäischen Staaten und wurde sowohl durch die Präsenz der Roten Armee als auch durch die Aktivierung panslawistischen Gedankengutes unterstützt.Sowohl in den ehemaligen Feindstaaten (Rumänien, Ungarn, Bulgarien), in denen sich die von sowjetischen Vertretern beherrschten Alliierten Kontrollkommissionen massiv in die Tagespolitik einmischten, als auch bei den ehemaligen Verbündeten (Jugoslawien, Tschechoslowakei, Polen) entstanden kommunistisch dominierte »Nationale Einheits-« oder »Volksfronten«. Die von ihnen vorgenommenen Eingriffe in den Verwaltungsaufbau, das Wirtschaftssystem, die Justiz, die Armee, die Medien und das Schulwesen trugen zur weiteren Destabilisierung der bereits durch den Krieg erschütterten Gesellschaften bei. Die schwachen demokratischen Kräfte wurden von den kommunistischen Parteien, die dank ihres populistischen Programms ihre Mitgliederzahlen vervielfachen konnten und die Gewerkschaften kontrollierten, ohne größere Schwierigkeiten ausgeschaltet, sodass sie ohne Einfluss waren.Da die Autorität Stalins, die Führungsrolle der KPdSU und das verbindliche Vorbild der in der UdSSR entwickelten Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung von den nationalen kommunistischen Parteien anerkannt und ihnen ein bescheidenes Maß an Eigenständigkeit eingeräumt wurde, kam der Sowjetisierungsprozess trotz gelegentlicher Rückschläge nahezu ohne direkte sowjetische Maßnahmen voran.Vor dem Hintergrund des sich entwickelnden Ost-West-Konflikts schottete der Kreml nach 1946 seinen Hegemonialbereich durch einen »Eisernen Vorhang« nach außen ab, verankerte in den jetzt zu »Volksdemokratien« erhobenen Staaten das Machtmonopol der Kommunisten, forcierte das Tempo der Umgestaltung und sicherte durch den Abschluss bilateraler Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und militärischen Beistand seine Vorherrschaft ab.
Universal-Lexikon. 2012.